Interview mit Maria Auböck & János Kárász
Maria Auböck und János Kárász konzipieren Landschaftsräume in Städten. Für das Planungsduo aus Wien sind Bäume entscheidend im öffentlichen Raum, weil ihr Schatten vor Hitze schützt. Warum ihre Projekte veränderbar sein sollen, erläutern sie im Gespräch.
Interview: Sandra Hofmeister
Der letzte Sommer in Wien hat einen neuen Hitzerekord an Tagen mit über 40 Grad aufgestellt. Was können wir gegen diese Entwicklung tun?
Maria Auböck: 2024 gab es 42 tropische Nächte in Wien. Schon im Mai steigen die Temperaturen auf über 38 Grad, im September gab es dann massive Regenereignisse. Wir wissen, dass Wien im Jahr 2040 die Temperaturen von Neapel haben wird. Des halb brauchen wir gute Gestaltungskonzepte für aride und humide Zonen – wie in den südlichen Ländern Europas.
Es gibt aktuelle Projekte, die mehr Grün in die Straßen bringen wie etwa in der Neubaugasse. Wie sind solche Bemühungen einzuschätzen?
MA: Ich bleibe im Grundsatz kritisch. Der Stadtrat für Umweltschutz hat versprochen, 5000 Bäume zu pflanzen, die Planung wird jedoch zum größten Teil von den Behörden übernommen. Mit Wettbewerben oder Gutachterverfahren ist Wien dagegen nicht gerade üppig versorgt. Die Neugestaltung großer Straßenzüge, die derzeit umgestaltet werden, sind dem persönlichen Einsatz der Planungsstadträtin Ulli Simma geschuldet. Es gibt wirklich an allen Ecken Projekte zur Qualifizierung des öffentlichen Raums durch mehr Baumpflanzungen, mehr Aufenthaltsflächen, Sitzgelegenheiten. Das ist ein Anfang.
Dann steigt die Akzeptanz für mehr Landschaftsarchitektur in der Stadt?
János Kárász: Seit etwa drei Jahren gibt es einen deutlichen Impetus für solche Projekte. Die Analyse von GeoSphere Austria hat die Hitzeinseln in der Stadt klar aufgezeigt, besonders in den dicht bebauten Gebieten. Die Stadtverwaltung versucht gegenzusteuern, doch sie ist vom Engagement einzelner Bezirkspolitikerinnen und -politiker abhängig. Im 7. Bezirk haben die Grünen das Sagen, hier wurden in den letzten Jahren sieben Straßenzüge qualifiziert. Doch unsere Stadträtin kann leider nur dort wirksam werden, wo die lokale Bezirkspolitik mitspielt. Nach meiner Einschätzung wird sich nach und nach das Bewusstsein durchsetzen, dass wir uns gegen die Hitze wappnen müssen.
Wie können wir uns wirksam schützen, wie den Alltag in der Stadt erträglicher gestalten?
MA: Das Beste ist immer, großkronige Bäume in die Stadt zu bringen, denn sie schaffen Schatten, der die Hitze lindern kann. Es geht nicht um Dekoration wie bei den Sprühnebelvorrichtungen – den sogenannten „Sommerspritzern“ – die es überall in Wien gibt. Sehr liebenswert für Kinder, aber mehr auch nicht. Wirklich nachhaltig ist nur der Schatten. Das alte griechisches Sprichwort, „Baue so, dass du deinem Nachbarn nicht die Sonne wegnimmst“, müsste eigentlich umformuliert werden: „Baue so, dass es auch für deine Nachbarn genug Schatten gibt.“
Wie lässt sich Landschaft in bestehende urbane Räume integrieren?
JK: Das ist eine Chance und Herausforderung zugleich. Denn der Grundsatz, mehr Bäume in der Stadt zu pflanzen, muss mit einer Gestaltungsidee für das Ensemble verbunden sein. Es geht darum, mit Landschaftsarchitektur einen Beitrag zu leisten, damit unsere Städte auch in Zeiten des Klimawandels lebenswert bleiben. Sehr oft wird leider nur eine einheitliche grüne Soße über den Stadtraum verteilt. Dieser Gestaltungsverlust ist gefährlich und der europäischen Stadt nicht würdig. Für gute Gestaltungsarbeit brauchen wir Partnerinnen und Partner, die bei der ökologischen Revitalisierung der Städte ihre Morphologie und jeweilige atmosphärische Charakteristik im Auge behalten.
Ihr habt Projekte in Baku, Innsbruck und Salzburg realisiert. Gerade arbeitet ihr an einem Wettbewerb für das Bahnhofsareal in Marrakesch. ist es schwierig, die Pflanzenwelt an so unterschiedlichen Orten genau zu kennen?
MA: Sie ist an jedem Ort anders, in Marokko gibt es Phänomene, die wir hier nicht kennen. Andererseits gibt es auch grundsätzliche Veränderungen für das Pflanzenleben. In Österreich wachsen heute am Neusiedler See Olivenbäume und es wird Reis angebaut. Alles verschiebt sich. Wir arbeiten in botanischen Fragen grundsätzlich mit lokalen Fachleuten und Experten zusammen. Für den Central Park in Baku haben wir uns vom Botanischen Garten Berlin beraten lassen, dort gibt es ein spezialisiertes Forschungsteam für Aserbeidschan.
JK: Ich glaube, nicht nur die Pflanzen, sondern auch die kulturellen Voraussetzungen sind verschieden. Wie werden öffentliche Plätze genutzt, wo treffen sich die Leute, wo ist es laut und wo leise, zu welchen Tages- und Nachtzeiten? Das ist in Aserbaidschan völlig anders als in Wien, und Gestaltungskonzepte müssen auf Menschen eingehen.
Das ausführliche Interview ist auf Deutsch und Englisch in Detail 3.2025 verröfentlicht.
Hier gehts zur Rezension der Monografie "Partituren für offene Räume" auf castello books.
Maria Auböck und János Kárász arbeiten seit 1987 in ihrem ge meinsamen Atelier in Wien. Ihre urbanen Landschaftsräume sind Platz- und Parkgestaltungen, Revitalisierungen historischer Gärten und Freiräume in Wohnsiedlungen. Neben der Entwurfs- und Gestaltungsarbeit sind die beiden Architekten für Gutachten zu Urbanismus und Kultur landschaft tätig. Außerdem haben sie unter anderem in Budapest, Mailand und München unterrichtet. Die Monografie „Auböck + Kárász. Landscape Architects. Partituren für offene Räume“ ist kürzlich bei Park-Book Zürich erschienen.