Von "Yes we can" zu "Yes is more"
Dies ist keine gewöhnliche Architektenmonographie, sondern ein Leseabenteuer, das kurze Geschichten im Comic-Format erzählt. Es geht um gebaute und ungebaute Projekte der Bjarke Ingels Group, um die kühnen Visionen der Kopenhagener Architekten, um ihre BIG-Ideale, ihren Blick auf die Welt und ihr Verständnis von Architektur samt deren Geschichte und Zukunft. Dass all das in kleinen, bunten Bildsequenzen und Sprechblasen vermittelt wird, ist kein Zufall: Eigentlich wollte Bjarke Ingels Comic-Zeichner werden und studierte anfangs eher aus Verlegenheit Architektur. Dass der dänische Architekt dabei auf den Geschmack kam, gebaute Geschichten zu erzählen, hielt ihn vier Jahre nach der Gründung seines eigenen Büros in Kopenhagen nicht davon ab, einen Comic herauszugeben und das Portfolio seines jungen Teams in ihm auszubreiten – in gezeichneten Geschichten. Der Archicomic „Yes is more“ ist jedoch nicht als Revolte gegen die etablierte Architektenwelt zu verstehen und spielt auch nicht mit Fragen des Generationenwechsels. „Wir haben uns nie als angry young men gesehen, die gegen das Establishment kämpfen. Oft ist das Radikale an unseren Entwürfen, dass wir alle glücklich machen wollen“, meint Bjarke Ingels ehrlich. Vor wenigen Wochen ist der Däne 35 Jahre alt geworden und hat seine Professur in Harvard eben gegen ein neues Engagement an der Columbia University in New York eingetauscht.
Flotte Sprüche und starke Symbole zeichnen die frische Architektur und das Auftreten von BIG aus – beides sind ideale Ingredienzien für einen Comic, der mit der Selbstironie spielt und trotzdem Ernsthaftigkeit zeigt, wenn es um die Sache geht. So werden die Entwurfsmethoden der Architekten ebenso erläutert wie die parametrischen Grundlagen und die Vorgehensweisen für viele Planungen. Bjarke Ingels führt als eine Art Cicerone durch die bunte Welt der Renderings, der Modelle, Zeichnungen und Diagramme, die sich in Bildsequenzen um Projekte wie das 8-House in Kopenhagen, den dänischen Pavillon in Shanghai und die Zira-Insel in der Bucht von Baku ranken. Ein rasantes Buch, das Laien genauso viel Spaß macht wie Insidern und junge und alte Leser glücklich machen kann.
Text: Sandra Hofmeister