Cukrowicz Nachbaur
Eine Bergkapelle auf der Alpe bei Andelsbuch, vertikal gestrickt. Ein Gemeinde- und Feuerwehrhaus in Hittisau, das sich wie eine Holzschatulle zum Dorf öffnet. Ein schlichter Sichtbetonkubus für die Volksschule in Doren, der sich neben dem barocken Kirchturm behauptet: Für Andreas Cukrowicz und Anton Nachbaur hat Architektur nichts mit exaltierten Formen und aufgeregten Gesten zu tun. Stattdessen erkennen die Bregenzer Architekten ihre Qualität in einer zurückhaltenden und gleichzeitig selbstbewussten Sprache, die sich kompromisslos auf das Wesentliche besinnt und dabei Wert auf Material und seine Verarbeitung legt. Vor 13 Jahren, nachdem sie ihr Studium in Wien abgeschlossen hatten, gründeten die beiden gebürtigen Vorarlberger ihr gemeinsames Büro in Bregenz. Dass er nach seinem Aufenthalt in der Hauptstadt zurück ins Ländle kommen wollte, war für Andreas Cukrowicz vom ersten Tag an klar gewesen.
„Mit schlechter Qualität kommt man hier nicht weit“, sagt der Architekt bedacht und ist sich dabei auch der Defizite in Vorarlberg bewusst, zum Beispiel im Wohnungsbau. Gleichwohl treffen alle Tugenden, die der Baukunst im Vierländereck gerne nachgesagt werden, auch und besonders auf Cukrowicz Nachbaur zu: etwa der Hang zur Einfachheit und Klarheit, die Optimierung des Bauprozesses und dessen Wirtschaftlichkeit sowie die hohen Standards bei der Verarbeitung. Andreas Cukrowicz und Anton Nachbaur haben sich längst als Vertreter der jüngeren Architektengeneration Vorarlbergs einen Namen gemacht – neben weltbekannten Kollegen wie Baumschlager Eberle. Spätestens seit letztem Jahr, als das Architektenduo für den Umbau des Stadtbades in Dornbirn den Österreichischen Staatspreis erhielt, gelten die Partner bis nach Wien und über die Grenzen Österreichs hinaus als Baukünstler mit internationalem Rang.
Das Büroloft der beiden und ihrer insgesamt sieben Mitarbeiter liegt in der Bregenzer Altstadt. Aktuelle Entwürfe und Zeichnungen sind auf einem großen Tisch ausgebreitet, an dem sie mit Bauherren und im Team diskutiert werden. Derzeit arbeiten die Architekten an einem Biomasseheizkraftwerk in Lauterach, einer Sporthalle auf der deutschen Bodenseeseite, und kürzlich haben sie sogar ein Bühnenbild für die neue Pirandello-Inszenierung am Vorarlberger Landestheater geschaffen. „Das haben wir irrsinnig gerne gemacht“, sagt Andreas Cukrowicz. Das Gemeindezentrum St. Gerold, eben fertiggestellt, haben die Bregenzer Baukünstler als Passivhaus konzipiert – das energetisch nahezu autark und größtenteils mit dem Holz aus den gemeindeeigenen umliegenden Wäldern gebaut ist. Überhaupt das Holz: In Vorarlberg spielt es ohnehin eine wichtige Rolle in der Architektur, doch die Art und Weise, wie Cukrowicz Nachbaur mit dem Baustoff umgehen, setzt selbst für den Bregenzerwald Maßstäbe in der Architektur: Heimische Weißtanne kleidet die Innenräume – auch von Schul- und Museumsgebäuden – wie ein duftendes, behagliches Kleid. An den Außenfassaden gewinnt das unbehandelte Material eine silberne Patina. Das neue Gemeindezentrum ist der erste viergeschossige Massivholzbau in Vorarlberg. Ohne die Qualität des Handwerks gäbe es Projekte wie dieses wohl kaum – doch es braucht auch Architekten, die die Machbarkeiten des Materials kennen, mit ihm Vertraut sind und auf die Zusammenarbeit mit Zimmerleuten und Tischlern setzen. „Im Vorarlberger Dialekt gibt es einen Begriff, der vieles auf den Punkt bringt und alles meint“, sagt Andreas Cukrowicz. Ein „g’hörig’s Hus“, das sei kein ordentliches oder aufgeräumtes Haus, sondern ein gut gemachtes.
Das größte Projekt von Cukrowicz Nachbaur Architekten entsteht derzeit in Bregenz: Das Büro hat sich im Wettbewerb für das Vorarlberger Landesmuseum durchgesetzt. Ihre Pläne, die den Umbau eines historischen Verwaltungsgebäudes und einen fünfgeschossigen Neubau vorsehen, lassen eine neue Großform am Bodenseeufer entstehen. In drei Jahren wird das repräsentative Museum mit doppelter Ausstellungsfläche wieder eröffnen. Und es gibt keinen Zweifel, dass es sich architektonisch neben Peter Zumthors Kunsthaus und neben dem Festspielhaus behaupten wird.
Text: Sandra Hofmeister