In Erinnerung an Hannes Wettstein
Als ich ihn eines Abends in Mailand kennenlernte, unterhielten wir uns über Kunst und Fotografie, die politischen Verhältnisse in Italien und aktuelle gesellschaftliche Veränderungen. Ich hatte damals keine Ahnung, dass mein Gesprächspartner Hannes Wettstein war – jener Architekt und Designer, dessen Stuhlentwurf „Hola“ kurz zuvor in der internationalen Presse gefeiert wurde. Und Hannes Wettstein hatte nicht die Absicht, sich als Stardesigner zu erkennen zu geben. Ihm waren die Themen des Lebens wichtiger als sein Erfolg. Eineinhalb Jahre waren inzwischen seit dieser ersten Begegnung vergangen, und allmählich entstand die Idee, ein Porträt über Hannes
Wettstein zu schreiben. Als wir uns Anfang Juni zu einem längeren Gespräch in seinem Atelier in Zürich trafen, lagen mehrere sorgfältig vorbereitete Mappen vor ihm auf dem Tisch – Einblicke in ein vielschichtiges Portfolio, das Auskunft über Hannes Wettsteins Selbstverständnis als
Gestalter gibt.
Kurz vor Drucklegung des Artikels, am 5. Juli 2008, ist Hannes Wettstein in Zürich gestorben. Die bestürzende Nachricht traf mich, als der Text bereits verfasst war. Hannes Wettstein hinterlässt eine Familie, viele Freunde, Kollegen und Geschäftspartner, die sich um ihn geschart hatten wie um einen Planeten, der auf sicherer Bahn seine Kreise zog. Nach gewissenhafter Überlegungen haben wir uns entschlossen, dieses Porträt wie ursprünglich mit ihm verabredet zu veröffentlichen: Der medienscheue Designer hätte es so gewollt. Statt eines Nachrufs also eine Hommage an Hannes Wettstein, den Strategen unter den Gestaltern, der bis zu seinem Tod mitten im Leben stand und eine große Lücke hinterlässt. Vorausschauend hatte er gemeinsam mit seinem Agenturpartner Stephan Hürlemann alles unternommen, damit die Agentur nach seinem Tod weiterleben kann. Er war sich sicher, dass sein Team seine Philosophie weitertragen wird.
Text: Sandra Hofmeister