Gordon Watkinson „Bauhaus zwanzig-21“ im Haus der Gegenwart in München
Dass das Bauhaus keine Doktrin, sondern ein Sammelbecken unterschiedlicher Ideen und Konzepte war, haben in letzter Zeit mehrere Ausstellungen unter Beweis gestellt. Wie lebendig und tragend diese Konzepte im Rahmen zeitgenössischer Bauprojekte immer noch sind, zeigt der in New York und Paris lebende Fotograf Gordon Watkinson in einer großartigen Einzelschau: Seine blau-weiß schimmernden Aufnahmen stellen Dessau-Törten einer Solarsiedlung in Freiburg gegenüber, platzieren das Haus am Horn neben das Haus der Gegenwart, die Villa Tugendhat neben das Haus R128. Erstaunliche Parallelen ergeben sich auf diese Weise. Der Panoramablick und die ausgetüftelte Haustechnik, die Mies van der Rohe 1930 in Brünn umsetze, sind in Werner Sobeks Wohnhaus in Stuttgart von 2001 reflektiert, die Konstruktionsmethode des Wohnhauses in der Kopenhagener Guildbergsgade von Ingvartsen Arkitekter zitiert das Appartementhaus in der Weißenhofsiedlung Stuttgart und die Idee des Bauens mit vorfabrizierten Elemten, mit der Muche und Paulick schon in den 20er Jahren in Dessau experimentierten, taucht in der Casa M-Lidia (2003) von RCR Aranda Pigem Vilalta Arquitectes in Spanien wieder auf. Gordon Watkinsons Fotografien suchen den Dialog zwischen Geschichte und Gegenwart. Sie machen deutlich, dass das Bauhaus viel mehr ist, als ein historisches Monument der Architekturgeschichte. Beraten wurde Watkinson von Michael Siebenbrodt und Falk Jäger. Die geschickt ausgewählten Motive seiner ästhetisch zeitlosen Fotografien machen das Wohnen von Damals zur Lebensform von Heute. Im Münchner Haus der Gegenwart kommt die Ausstellung des Fotografen gleichsam zu sich selbst. „From Bauhaus to our house“ betitelte Tom Wolfe seine berühmte Studie von 1981. Gordon Watkinson geht in seinen beeindruckenden Bildern noch über diese These hinaus und zeigt, inwiefern das Bauhaus schon längst zu unserem Haus geworden ist.
Text: Sandra Hofmeister