Knorrige Äste spiegeln sich auf den Glassplittern, dazwischen fällt der Blick über das Schilf auf die Havel, dann wieder erkennt der Betrachter sich selbst als schillernden Reflex auf der dunklen Fläche, die manchmal jeden Blick verwehrt und schwarz bleibt. Olafur Eliassons „Blind Pavillion“ ist ein luftiges Wahrnehmungskabinett. Die doppellagige Stahlkonstruktion des dänisch-isländischen Künstlers versteckt sich seit kurzem am Nordostufer der Pfaueninsel in Berlin. Sie greift das Spiel der Blickachsen des umliegenden Landschaftsparks auf. Aus- und Durchblicke über die Weisen auf beide Uferseiten, die Segelboote auf der Havel, die alten Eichen rundherum und all die Spiegelbilder und Reflexionen dieser Umgebung und der Menschen in ihr werden als Fragmente auf teils durchsichtigen, teils lichtdurchlässigen schwarzen Glassegmenten wahrnehmbar. So fügt der luftige Pavillon, der wie ein vulkanischer Fremdkörper in den Landschaftsgarten von Peter Joseph Lenné eingebettet ist, Illusion und Wirklichkeit zu einer intensiven Erfahrung – gleichermaßen verwirrend wie faszinierend. Als zentralperspektivisches, dreidimensionales Muster gebaut, sind die Scheiben vom Gebäudemittelpunkt aus betrachtet so angeordnet, dass die Aussicht verwehrt wird. Doch mit jedem Schritt nach links oder rechts bricht die Illusion des blinden Flecks zusammen und ein Kaleidoskop der Bilder tut sich auf.
Eliassons Experiment hätte keinen besseren Platz finden können als inmitten der Königlich Preußischen Parklandschaft in der Havel, die zum Weltkulturerbe der Unesco zählt. Dennoch ist der Pavillon erst seit kurzem und nach Stationen in Venedig und Island in Preußen angekommen. Er bringt einen Hauch jener Exotik an die Havel, die Friedrich Wilhelm III mit den wilden Tieren in der Menagerie der Pfaueninsel gesucht hatte. Ein Windgebäude und eine Landschaftsillusion, die unglaublich schwindelig macht.
Text: sandra hofmeister