Konzertsaal und Bürgerhaus von Peter Haimerl
Ein Dorf in der Oberpfalz trotzt dem Strukturwandel. Durch das neue Bürgerhaus und eine Konzerthalle hat es seine Ortsmitte wiederentdeckt. Die städtebauliche und architektonische Intervention von Peter Haimerl setzt auf die handwerkliche Qualität im Bayerischen Wald und bündelt sie in einem mutigen Raumkonzept.
Vom Leerstand zum neuen Zentrum
Von Weitem schon ist der gelbe Kirchturm zu sehen und weist den Weg zur Ortsmitte von Blaibach. Das oberpfälzische 2.000-Seelen-Dorf am Regen liegt nur wenige Kilometer von der tschechischen Grenze entfernt im Vorderen Bayerischen Wald. Der Strukturwandel, von dem viele ländliche Gemeinden der Region betroffen sind, hat auch hier tiefe Spuren hinterlassen. Die Einwohnerzahl in Blaibach sinkt, gerade die jungen Leute wandern ab. Gleichzeitig kommen immer weniger Touristen. Von den früheren Gaststätten und Läden sind nur noch wenige übriggeblieben. Und die Schule ist längst in den Nachbarort verlegt worden. Heute haben die meisten Bewohner keinen Hof mehr, sondern fahren zur Arbeit nach Cham, die nächste Kreisstadt. Wie verheerend die Folgen dieser Entwicklung sind, war bis vor Kurzem offensichtlich: Verlassene Gebäude säumten die Dorfstraße unterhalb der Kirche. Die Ortsmitte stand praktisch leer – sie existierte nicht mehr. Doch mit einem Paukenschlag hat sich alles geändert: Blaibach hat wieder einen richtigen Dorfplatz im Zentrum – samt neuem Bürger- und Konzerthaus. Nur das große Engagement vieler Einzelner machte die beispielhafte Revitalisierung des Dorfkerns möglich: 2011 stellte die Gemeinde einen Antrag auf Städtebauförderung im Rahmen des Modellvorhabens „Ort schafft Mitte“, mit dem das Planungsvorhaben in Schwung kam.
„Es war ein zäher Prozess, von Anfang an war ich auf der Suche nach Leuten“, erinnert sich Peter Haimerl, der die Blaibacher letztlich von seinen Plänen überzeugen konnte. Der Architekt hat sein Büro in München, stammt aber selbst aus dem Bayerischen Wald. Mit dem Bürgermeister und Gemeinderat hatte er u?berzeugte Mitstreiter für die Idee einer neuen Ortsmitte gefunden. Auch Thomas Bauer unterstützte das Projekt von Anfang an. Beruflich ist der renommierte Bariton aus Deggendorf auf internationalen Bühnen wie der Mailänder Scala unterwegs. „Wenn man Glück hat im Leben, wächst auch die Verpflichtung, etwas zu tun und der Gemeinschaft wieder etwas zurückzugeben“, meint der Gründer der Kulturwald-Festspiele. Mit dem neuen Konzerthaus hat das musikalische Programm seiner Initiative ein bleibendes Zuhause gefunden. Als der Sänger den baufälligen Waidlerhaus kaufte, ein typisches Bauernhaus der Region, das hinter der geplanten Konzerthalle im Ortskern von Blaibach leer stand, sank die Skepsis bei vielen Kritikern. In einem offenen Prozess mit zahlreichen Bürgerversammlungen und Workshops kam die Planung schrittweise voran und setzte sich gegen manche Hindernisse durch – sogar eine Bürgerinitiative gegen den Konzertsaal hatte es zeitweise gegeben. Doch die Initiatoren und der Förderverein des Projekts überzeugten durch stichhaltige Argumente. Unterstützt wurden sie von vielen Sponsoren, die den Bau der Konzerthalle durch finanzielle Zuwendungen, als Stuhlpaten, durch Sachleistungen für den Bau oder durch eigene Tatkraft voranbrachten. Auch die Gemeinderäte haben auf der Baustelle Steine geklopft. „Architektur lässt sich nicht institutionalisieren, sie braucht privates Engagement“, sagt Peter Haimerl und fuügt hinzu: „Das gibt es heute allerdings kaum noch.Wer aber etwas auf die Beine stellen will, der muss selbst mit anpacken.“ In Blaibach hat sich gezeigt, dass dieses Anpacken lohnt...
Text: Sandra Hofmeister