Kein Haus, sondern eine „Casa“ – und das mitten in Berlin Mitte. Von den Fenstern der Hotelfassade leuchten große Zimmernummern in den Berliner Nachthimmel. Zusätzlich zeichnet sich hinter den Lammellen der schmalen Glasschlitze die ein oder andere Silhouette von duschenden Hotelgästen ab. Die Casa Camper ist ein ungewöhnlich humorvolles Hotel, einfach, komfortabel und ein unkonventionell. So gibt das Konzept und Design von Fernando Amat und Jordi Tió gibt manchmal recht eindeutige Tipps: „Nehmen Sie die Treppe, das ist gesünder“, steht auf dem Schild neben dem Aufzug.
Die langen Hotelgänge sind in leuchtendes Rot gefasst, ebenso wie die nüchternen aber wohnlichen Zimmer. In ihrem dunkelsten Teil sind die Betten platziert – direkt am Fenster und nur durch einen Vorhang vom Schlafbereich getrennt, befinden sich der Badbereich und ein Waschtisch samt umlaufender Theke, die auch als Schreibtisch mit Blick über Berlin genutzt werden kann. Eine Shaker-Leiste zum Aufhängen nicht nur von Mänteln und Jacken, Bauhaus-Lichtschalter und wohnliche Eichen-Dielen und –Wandvertäfelungen gehören mit zur Grundausstattung aller 51 Zimmer und Suiten. Die Hotelbar hingegen haben die Architekten und Designer in das komplett verglaste Dachgeschoss in die 8. Etage verlegt. Groß und luftig zeichnet sich das graue Berlin dort oben durch die raumhohen Panoramafenster ab – eine Standlandschaft mit Fernsehturm im Hintergrund. Frühstücksraum, Lounge und Computer-Arbeitsplätze sind in unterschiedlichen Zonen des fließenden Raums untergebracht. In der abgetrennten Honesty-Bar gibt jeder Gast in einer Liste seine Zimmernummer an und zahlt die selbst gemixten Drinks erst bei der Abreise. Das Buffet der Snack-Bar liefert fast rund um die Uhr frisch zubereiteten Fingerfood und Getränken, die im Übernachtungspreis inbegriffen sind.
Bleibt noch zu klären, warum eine berühmte Schuhmarke aus Mallorca ein Hotel in Berlin baut und dieses dann auch noch selbst betreibt? Miguel Fluxá, der das Familienunternehmen Camper von seinem Vater übernommen hat, lächelt auf bei dieser Frage stolz. „Wir machen seit 1877 Schuhe – wir sind eine Schumacherfamilie.“ Nachdem sich Camper zu einer weltweit bekannten Marke entwickelte, lehnte Fluxá mehrere Vorschläge ab, den Markennamen zusätzlich für Uhren, Taschen oder Parfum zu öffnen. „Es gibt zu viele, die das schon machen. Das passt nicht zu uns“, sagt er gelassen. Doch das Interesse für Architektur und Design führte das weltweit expandierende zu einem Hotelkonzept. Barcelona war die erste Station, und auch in ihrem zweiten Hotel in Berlin haben die Katalanen ein Restaurant an das Hotel gekoppelt, das sie selbst betreiben. Im Dos Palillos im Erdgeschoss, das die Designern Erwan und Ronan Bouroullec konzipierten, sitzen die Gäste mit an einem langen Thesen mit Blick auf eine große offene Küche. Dort bereitet das Team Albert Raurich, der als Küchenchef im El Bulli bekannt wurde, asiatische Speisen im Tapas-Format zu. Ein bisschen molekular, unbekannt exotisch, und dann wieder erfrischend spanisch.
Text: Sandra Hofmeister