Jede Fortbewegungsart hat ihren eigenen Way of Life: In einer Konzeptstudie, die er gemeinsam mit Mini entwickelte, zeigt der spanische Designer Jaime Hayon, wie er sich die Lebenswelt mit einem Elektro-Scooter vorstellt. Noch ist der faltbare Roller Prototyp, doch sein urbanes Umfeld ist längst Wirklichkeit.
Stille Alltagshelfer
In absehbarer Zukunft werden Autos wohl allein durch die Stadt navigieren – sie brauchen bald keinen Fahrer mehr, der das Lenkrad hält und den Wagen um die Kurven steuert. Auch Benzin hat dann wahrscheinlich ausgedient. Die Technik macht’s möglich! Laute Spritschlucker und stinkende Krachmacher könnten also zu sanften Alltagshelfern mutieren. Ihre Metamorphose verändert auch unsere Lebensräume. Die Entwicklung hat schon längst begonnen. Der Autoverkehr in der Stadt wird weiter abnehmen, und es entsteht noch mehr Platz für Freiräume. Dass die Mobilität jedes Einzelnen trotzdem nicht eingeschränkt sein wird, liegt an ihren neuen Perspektiven. Sie wird sich stärker in Netzwerken organisieren und auch in technologischer Hinsicht neue Wege gehen. Carsharing- und Mitfahrangebote sind erst der Anfang. Auch die Antriebsarten und die Art der Fortbewegungsmittel selbst werden mit Sicherheit noch vielfältiger. Mancherorts sind auch heute schon Segways, Fahrräder, Roller oder Longboards prägend für das Straßenbild.
Hightech und Handwerk
Auch Autofirmen haben dies erkannt und erkunden Mobilitätsmöglichkeiten jenseits der vier Räder. So stellt Mini eine Konzeptstudie in Kooperation mit dem spanischen Designer Jaime Hayon vor – eine imaginäre Lebenswelt für die urbane Mobilität von morgen. Im Zentrum steht dabei der Prototyp eines Kick-Scooters, der wie ein gewöhnlicher Tretroller mit Menschenkraft oder elektrisch angetrieben wird. Das Gefährt nennt sich Citysurfer und ist ein Prototyp. Hayon hat ihm zwei Gesichter verpasst – mit einer seriös-braven und einer unkonventionell-bunten Variante. „Man muss der Technik ein Gesicht geben, sie individuell und persönlich werden lassen“, erklärt der Designer sein Anliegen, das er in seiner charakteristischen, spielerischen Handschrift umsetzt. „Ich wollte eine Erlebniswelt schaffen“, so Hayon. Deshalb hörte er nicht beim Citysurfer auf, sondern verstand seine Gestaltungsaufgabe umfassend. Ein unkonventioneller Helm mit Ohren, der an ein Fabelwesen oder an eine Maske erinnert, eine Jacke, die in vielen Taschen Platz für diverse Einkäufe bietet, gehören mit zum visionären Equipment der Citysurfer-Welt. Dass die Allianz von Mobilität und Design nicht mit der Farbe von Schutz blechen endet, hat übrigens Tradition: Alexander Girard gestaltete Mitte der 1960er-Jahre das gesamte Corporate Design für die Fluglinie Braniff – vom Ticketschalter bis zur Uniform der Flugbegleiterinnen. Da wundert es kaum, dass Hayon gemeinsam mit dem Mini-Designteam auch die Präsentationsform für die Studie gestaltet – mit einer Installation am Rand der Mailänder Möbelmesse. Das Citysurfer-Environment setzt dabei auf spezialisierte Kunsthandwerker, beispielsweise für die Verarbeitung von Carrara-Marmor. Hightech trifft Handwerk – ein Zusammenhang, der Jaime Hayon sichtlich Spaß macht an diesem Projekt. „Da gehört noch eine Klingel an den Lenker, damit der Scooter auch einen persönlichen Charakter hat“, meint der Spanier bei einer Vorab-Präsentation bei Mini in München und befestigt eine altertümliche Fahrradklingel aus Kupfer am Lenkrad. „Ich dachte, das wäre viel besser als irgend so ein nichtssagender digitaler Ton.“....
Text: Sandra Hofmeister