Duftende Räume

Belle Halaine-Ausstellung im Tinguely-Museum in Basel

Von allen fünf Sinnen wird dem Geruchssinn oft am wenigsten Bedeutung beigemessen. Dabei ist seine Wirkung äußerst vielseitig: Er definiert Räume und Menschen, setzt Erinnerungen und Emotionen frei. Für die olfaktorische Wahrnehmung steht die Nase im Zentrum – und das tut sie zuweilen auch in der Kunst..

Nelken und Ingwer, Zimt und Kardamom: Noch bevor Enesto Netos raumfüllende Installation „Mentre niente accade“ („Während nichts passiert“) ins Blickfeld rückt, ist ihr Geruch präsent. Der brasilianische Künstler hat unterschiedliche Gewürze und in einzelne Stoffhüllen verpackt und lässt sie wie abstrakte, organische Formen von der Decke baumeln. Farben und Duftnuancen vermischen sich so zu einem Gesamteindruck, der als Sinnesrausch erfahrbar wird. Zwar befindet sich die Skulptur in einen großen eigenen Raum im Tinguely Museumin Basel – mit geschlossenen Türen. Trotzdem aber sind einige ihrer Nuancen schon am Museumseingang präsent, wenn das ein oder andere Gewürz als unverwechselbarer Geruchseindruck in die Nase dringt.
Die Gruppenausstellung „Belle Halaine. Der Duft der Kunst“ ist ein Experiment, das die Welt der Gerüche erkundet und ihre Bedeutung in der Kunst auslotet. Die Ausstellungsarchitektur schafft dazu einzelne Geruchszonen, fasst sie räumlich in neutrale white cubes und trennt sie strikt voneinander. Schließlich sollen sich die verschiedenen Gerüche nicht vermischen und die einzelnen Werke in ihrer Wirkung präsentiert werden. Anders als die anderen Sinne lässt sich der Geruchssinn kaum ausschalten und nur räumlich bändigen. Doch nicht alle Exponate der Schau spielen mit der Wahrnehmung von Gerüchen: Unter den historischen und zeitgenössischen Werken befinden sich auch Stiche und Videos, Fotografien und konzeptuelle Werke. Marcel Duchamps Readymade „Bella Halaine“ ist leider nicht zu sehen, auch wenn der Ausstellungstitel dies suggeriert. Statt dem berühmten Parfumflacon mit „Schönem Atem“ wird jedoch eine Replik der „Air de Paris“ des Dadaisten von 1941 präsentiert. Die beschriftete Ampulle war ein Präsent des Künstlers an den Mäzen und Freund Walter Arensberg, der nicht die Zeit fand, nach Paris zu reisen. Ob es grundsätzlich gelingen, die olfaktorischen Reize einer Stadt einzufangen, ist eigentlich kaum relevant: Schließlich setzt alleine der Anblick des Werks bereits Erinnerungen an konkrete Orte an der Seine frei. Mit Gerüchen sind unweigerlich Assoziationen und Erinnerungen verbunden wie mit keinem anderen der fünf Sinne.

Manipulation und Verwirrung
Mit solchen Assoziationen spielt auch der raumfüllende Drachen von Carsten Höller und Franois Roche: Die Verwirrungsmaschine, die der deutsche Künstler gemeinsam mit dem französischen Architekten geschaffen hat, setzt wie ein abstrahierter Drache Pheromone und absichtlich nicht deklarierte neurostimulierende Substanzen frei. Sie macht den Betrachter zum Teil eines Experiments, das seine Wahrnehmung gezielt verunsichert, und zwar durch die körperliche Erfahrung des geruchslosen Wasserdampfs. Spekulation über die Wasserdampfsubstanzen vermischen sich mit der Einbildungskraft und Imagination der Besucher zu einer vagen Idee eines mythischen, Dampf speienden Wesens. Riechen wir, was sie sehen? Oder denken wir, was wir in unserer Einbildungskraft riechen? Geruch kann manipulieren, weiß auch die norwegische Geruchsforscherin und Künstlerin Sissel Tolaas – sie ist mit der „The Fear of Smell – the Smell of Fear“ in der Ausstellung vertreten. „Es geht heute immer ums Aussehen, aber die Nase ist schneller“, resümiert Tolaas, die sich in ihrem Berliner Studio ganz der Welt des Geruchs verschrieben hat.

Text: Sandra Hofmeister

„Belle Halaine. Der Duft der Kunst“ ist noch bis 17. Mai im Museum Tinguely in Basel zu sehen. www.tinguely.ch

 

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