Die neue Lust am Nebensächlichen

Jahrzehntelang galten Accessoires als Nippes. Jetzt sind sie wider salonfähig. Die kleinen Dinge für das Wohnzimmer feiern ihr Comeback mit auffälligen materialien und Formen – zuweilen auch als grenzwertiger Kitsch.

 

Schnelllebig und launisch wie die Modebranche ist, darf sie viel ausprobieren und mit extravagantem Beiwerk verzieren. Ihre saisonalen Tücher, Hüte oder Taschen sind Kultobjekte und tragen als Sammelbegriff den schönen Namen „Accessoires“. Auch im Wohnbereich halten dekorative Accessoires seit einiger Zeit Einzug. In allen erdenklichen Formen, Farben und Materialien schmückt das wohnliche Beiwerk die bürgerliche Einrichtungswelt. Wer etwas auf sich hält, der arrangiert und kombiniert in seinem Wohnzimmer Kissen und Kerzenständer mit Tabletts oder Vasen. Für den Flur gibt es ausgefallene Wanduhren und raffinierte Kleiderhaken und in die Küche wiederum passen andere Zierelemente wie die besondere Tischdecke oder der edle Prozellanteller, der nur zum Hinschaun’ und nicht zum Essen bestimmt ist. Selbst der Balkon und die Terrasse können mit kleinen Dingen dekoriert werden – etwa mit Windlichtern oder einem dieser raffinierten Blumentöpfe, die spätestens im Frühling überall angeboten werden. Die eigentliche Funktion ist für viele Accessoires eher unbedeutend, manche verzichten sogar gleich auf jeglichen Nutzen und konzentrieren sich stattdessen lieber ganz und gar auf ihren dekorativen Charakter. Der allerdings muss perfekt zum jeweiligen Alltagssetting passen und individuelle Glanzpunkte setzten, wozu die Möbel heute offenbar nicht mehr herhalten.

Die mundgeblasene Vase Container-Vase des Offenbacher Nachwuchsgestalters Sebastian Herkner setzt einen solchen Glanzpunkt. Das silbrige Gefäß schimmert in Altrosa, „spicy red“ oder einer jener anderen Farbnuancen, die stark an Christbaumkugeln erinnern. Seit kurzem bietet Pulpo die doppelwandige Vase auch in XXL-Größe an – mit 30 Zentimetern Höhe verbreitet sie eine unübersehbare Dauerweihnachtsatmosphäre, die sich irgendwo zwischen Kitsch und Tradition verorten lässt und garantiert für Aufsehen in jedem Wohnzimmer sorgt. Dass Vasen schon immer mit zur Lieblingsdisziplin von Gestaltern zählen, lässt sich leicht an herausragenden historischen Beispielen belegen. Die Savoy-Vase des finnischen Architekten Alvar Aalto – nach wie vor ein Bestseller von Ittala – war 1937 auf der Weltausstellung von Paris ausgestellt und zählt längst zu den Ikonen des skandinavischen Designs. Ihr mundgeblasenes Kristallglas krümmt sich in Wellen zu einer mysteriösen Form, die in Zeiten des Rationalismus große Wogen schlug und heute fast schon wieder nüchtern wirkt. Zu den schönsten mundgeblasenen Objekten zählen die des italienischen Architekten Carlo Scarpa für die venezianische Glasmanufaktur Venini. Die kostbaren schwarz-weiß-gestreiften Tessuti-Vasen aus den 30er-Jahren werden in nummerierter Edition auf Murano hergestellt und sind Paradebeispiele für das raffinierte Spiel der Dekoration, die allerdings in diesem Fall auch den stolzen Preis von einigen Tausend Euros hat. Connaisseure sammeln Scarpas vollendete Glaskunst – die wertvollsten Stücke erzielen Spitzenpreise auf internationalen Auktionen. Doch neben solchen historischen Preziosen des Designs hat der Markt heute auch deutlich günstigere Blumenbehälter wie die neuen Vasen des Kölner Designerduos Kaschkasch auf Lager. In gebürstetem Messing, glänzendem Nickel oder Kupfer präsentierte der französische Möbelhersteller Ligne Roset die eleganten Tulpenformen kürzlich auf dem Messestand in Köln und gab seiner Einrichtungswelt so eine feine feierliche Note. Insgesamt waren weniger die Möbel, sondern die omnipräsenten Accessoires auf der letzten Kölner Möbelmesse im Januar aufsehenerregend....

Text: Sandra Hofmeister

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