Sei so individuell wie möglich
In Zeiten omnipräsenter Smartphones und Tablets, Hintergrundbilder und Telefontöne darf sich jeder von uns ein bisschen kreativ vorkommen: Wir selbst bestimmen die Farben unseres Bildschirms, wir wählen Klingeltöne für verschiedene Telefonfunktionen aus, wir bestimmen das Profil unserer Facebook-Seite selbst. Mit anderen Worten: Jeder von uns wird so ein bisschen zum Designer. „An die Stelle des passiven Konsumierens sind heute Herumbasteln, Adaptieren und Improvisieren getreten“, so Joseph Grima. Als User der Kommunikationswelt gestalten wir unseren Anwendungsalltag nach vorgegebenen Mustern und vorab festgelegten Auswahlkriterien. Dabei passen wir die Alltagswelt an individuelle Vorstellungen an. Wir sind also kreativ! Vom Mainstream können wir uns durch diese persönliche Note nur bedingt unterscheiden, besteht dieser doch gerade darin, dass jeder sich so individuell wie möglich gibt, um sich von den anderen abzusetzen. Design wird damit auch zum Mittel einer intuitiv erfassbaren, sozialen Distinktion. Wie zum Beispiel klingelt Ihr Telefon? Old-phone, Lady-Gaga-Songs oder Pippi-Langstrumpf-Lieder? Welche Rückschlüsse lässt die Melodie auf Ihr Umfeld, Ihre Vorlieben oder gar Ihre Persönlichkeit zu?
Es gibt eine Vielzahl an Tools, die dem Wunsch nach Individualität und Einzigartigkeit nachkommen. Alles außer Mainstream ist das Zauberwort einer Zeit, in der die Angst vor dem Mittelmaß groß ist. Galten in der Modewelt Exklusivität und Individualität lange Zeit als Vermächtnis exaltierter und unbezahlbarer Haute-Couture-Kreationen, so ist heute auch Prêt-àporter von der Stange auf persönliche Kundenwünsche zugeschnitten. „Customize it“ lautet der Zauberspruch für den unverkennbaren Pullover oder die Jeans on demand – mit speziellen Farben, Mustern und Nähten. Selbst It-Bags von Luxuslabels können Kunden allenthalben vom Leder bis zum Innenfuttermaterial an ihre eigene Vorstellungswelt anpassen. Im Zeitalter des Postfordismus haben sich die Produktionsmethoden auf den individuellen Kunden eingestellt. Bei ihm liegt die Wahl der finalen Konfiguration. So lädt der „Colorize Kit“ des Wayfarer-Klassikers von Ray-Ban Sonnenbrillenkäufer dazu ein, das Brillengestell selbst zu bemalen und ihm so eine unvergleichbare Note zu geben. Nike fordert seine Kunden mit dem Slogan „Today, make a statement“ dazu auf, den individuellen Sneaker selbst zu gestalten. Käufer dürfen dabei vom Material bis zum Stoffmuster, von der Farbe der Gummisohlen und des Logos bis zu den Schnu?rsenkeln kreativ werden, und zwar per Mausklick. „Nike iD“ heißt diese Aktion. Sie wird im Netz angeboten und integriert den Wunsch nach Individualität geschickt in ein globales Markenbranding....
Text: Sandra Hofmeister